Ständig gibt es in der Anwendung von Social Media neue Herausforderungen, ändern sich die Handhabung der Kanäle, das Nutzerverhalten und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Auf dem Stand zu bleiben scheint da fast gar nicht möglich. Tourismuszukunft ist ein Unternehmen, dass sich nicht nur mit den Möglichkeiten des Social Web auskennt, sondern auch deren grundsätzliche Entwicklung beobachtet und dann konkret in den Tourismus übersetzt. Florian Bauhuber ist einer der Gründer und Geschäftsführer von Tourismuszukunft. Ich erlebte ihn und seine wunderbare Stimme erstmals 2009 auf dem Barcamp in Eichstätt – auf das weiche Timbre müssen Sie jetzt leider verzichten. Dafür profitieren Sie mit diesem Interview von seiner Kompetenz. Viel Freude!
Wie ist Deine Beziehung zum Tourismus / zur Hotellerie?
Mein Heimatort ist einer der Top-Ferienorte im Bayerischen Wald: Bischofsmais. Zu meiner Kindheit wurden dort fast eine Millionen Übernachtungen gezählt. Dadurch war das Thema „Tourismus“ schon damals für mich präsent.Meine Eltern hatten dort nebenberuflich eine kleine Pension, so dass ich bereits als Kind auch mit Gästen zu tun hatte. Und ich habe später dann auch in der größten touristischen Anlage des Ortes gejobbt. Als es um den Berufs- bzw. Studienwunsch ging, kombinierte ich einfach diese Prägung mit meinem Lieblingsfach Erdkunde/Geografie und studierte in Eichstätt „Tourismus-Geografie“.
Was ist zur Zeit dein Lieblingsbegriff?
Ganz klar: Soziotechnik. Dahinter steht eine Denkrichtung, die mich in meiner Doktorarbeit momentan stark prägt: Technik wird neu gedacht. Bislang gab es zwei Ansätze: Technik determiniert (verändert) die Gesellschaft oder die Gesellschaft determiniert die Technik. Mein Ansatz liegt dazwischen: Gesellschaft und Technik stehen in einer Akteur-Netzwerk-Beziehung zueinander, in der jede Veränderung auf der einen Seite auch auf die andere Seite einwirkt. Spannend!
Bitte vervollständigen: Wenn ich an PR denke, dann ….
… denke ich an Online-PR alias PR 2.0. Da ich digital geprägt bin und mich klassische PR nur bedingt erreicht, beschäftige ich mich mit Online-PR in den digitalen Medien. Für mich ist die Online-PR eine sehr offene, authentische, direkte und soziale PR. Das ist mir sympathisch.
Welche Medien liest du momentan?
Ich lese keine Zeitungen; auch keine Fachzeitschriften. Stattdessen regelmäßig SpiegelOnline für die Allgemeininformationen. Außerdem habe ich zahlreiche Blogs und Special-Interest-Seiten abonniert um über Fachthemen auf dem Laufenden zu bleiben.
Hast du eine Lieblingsmesse?
Ja, die ITB. Sie ist aber auch die einzige Messe, auf der ich bzw. wir als Tourismuszukunft vertreten bin / sind. Innerhalb der Messepräsenz von Wilde & Partner haben wir einen Tisch. Die ITB hat eine starke Geschäftswirkung: Wir haben dadurch die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit einen Großteil unserer Kunden zu treffen.
Kannst du uns ein bis drei Linktipps geben?
www.netzwertig.com – weil die Seite nicht nur Trends im Internet skizziert, sondern sie auch bewertet. Es arbeiten dort sehr gute Autoren, die auch einen soziologischen gesellschaftskritischen Hintergrund haben und alle Entwicklungen vor dem großen gesellschaftlichen Hintergrund einordnen.
www.techcrunch.com– ist die amerikanische Version (das Original) von www.netzwertig.com und bietet die aktuellsten Neuigkeiten aus der digitalen Welt.
und natürlich www.tourismuszukunft.de– weil wir in unserem Blog die aktuellen Entwicklungen der vorher genannten Plattformenauf den Tourismus übertragen.
Was genau macht und bietet Tourismuszukunft – Institut für eTourismus?
Die Tourismuszukunft GmbH besteht genau genommen aus drei eigenständigen Unternehmen: Das Institut, die Servicestelle und die Akademie für eTourismus. In allen drei Unternehmen bieten wir Leistungen in vier Bereichen an: Marktforschung, Unternehmensorganisation, Produktentwicklung und Marketing/Sales. Die Aufgaben sind so verteilt:
- das Institut ist die Beratungsinstitution und leistet auch die Marktforschung
- die Servicestelle ist der Dienstleistungsarm, der Kundenprojekte umsetzt
- die Akademie ist unsere Weiterbildungsinstitutionen mit internen und externen Seminaren
Alle unsere Unternehmen sind auf Tourismus spezialisiert, unsere Kunden sind große und kleine Reiseveranstalter, Hotelketten und Privathoteliers, Landestourismusorganisationen und Regionaltourismusorganisationen. Wir arbeiten für „Große“ und für „Kleine“.
Der Start war das Thema „Social Media“, das ist für alle Tourismusbereiche interessant. Außerdem sind unser Wissen und unsere Methoden auf alle Tourismusplayer übertragbar. In den Schnittstellen zwischen den einzelnen Segmenten des Tourismus zu agieren, die durch eine Verknüpfung der digitalen Welt möglich werden, finde ich am interessantesten.Das können nur wenige.
Was ist eigentlich „eTourismus“?
Der Begriff beschreibt letztendlich alle elektronischen Ausformungen des Tourismus, die sich auf die komplette „Customer Journey“ übertragen lassen: auf die Inspiration, die Information, die Buchung, während der Reise, bei der Reisenachbereitung. Alle diese Reisephasen des Kunden sind von digitalen Veränderungen betroffen.
Ihr seid seit 2008 am Markt– was hat sich, grob gesagt, für euch am meisten in dieser Zeit im eTourismus verändert?
Als wir vor fünf Jahren starteten, musste man das Thema Social Media in den Köpfen erst verankern, Da waren viel Angst und Blockaden zu spüren. Das war einerseits spannend, aber andererseits brauchten wir auch viel Überzeugungskraft. Heute hat sich die Branche in dem Bereich beruhigt und auch professionalisiert. Der Beratungsbedarf ist in dem Bereich geringer geworden. Dafür sind neue Themen im Ansteigen, die wieder neuen Beratungsbedarf generieren.
Du hast neulich in eurem Blog sieben Milestones benannt, die Tourismuszukunft geschaffen hat. Auf welchen bist du besonders stolz? Warum?
Ich denke, auf die Barcamps, die wir in die Branche gebracht haben. Sie sind die größte und nachhaltigste Veränderung für den Tourismus. Hier kommen Touristiker näher zusammen, die früher höhere Barrieren zwischen sich gespürt hätten. Ich gehe sogar so weit zu sagen: Ohne die Barcamp-Kultur (zum Beispiel das Duzen) würde der Tourismus etwas steifer sein. Viele persönliche und geschäftliche Netzwerke sind durch Barcamps entstanden.
Ihr habt 2010 ein Fachbuch zum Thema Social Web im Tourismus geschrieben – warum sollte sich ein Touristiker Zeit für die 390 Seiten nehmen? Für wen lohnt sich die Lektüre?
Das Fachbuch ist keine Anleitung zum Agieren, daher lohnt sich die Lektüre für Personen, die verstehen wollen, was hinter dem Social Web steht. Es ist wichtig für alle, die ein grundsätzliches Verständnis dafür aufbauen wollen, welcher große Wandel sich auf die Gesellschaft und das Zusammenleben und die Vermarktung dadurch ergeben hat. Übrigens: Da das Fachbuch lauter Einzelartikel vereint, kann man auch das individuell Interessanteste herausziehen, ohne alles lesen zu müssen.
Dake für das Gespräch!
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Foto: Florian Bauhuber
Fragen: Dörte Behrmann
Liebe Dörte, herzlichen Dank für das nette Interview – hat mich sehr gefreut! Liebe Grüße aus dem sonnigen Eichstätt, Florian
Lieber Florian,
mit großem Vergnügen bin ich in unser Gespräch gegangen – Danke DIR für die Geduld und die Auskunftsfreude. Ich bin sicher, dass die Leser daraus etwas für sich mitnehmen werden. Sonnige Grüße von der Hase an die Altmühl. Dörte