Ich liebe Camping. Die Location, das Essen, die Anregungen. Wie wunderbar, dass es Orte gibt, wo die Heringe sogar eher auf dem Teller liegen, als dass sie im Boden verankert sind. Schade nur, dass wir uns dort noch nicht getroffen haben. Die Rede ist natürlich von einer ganz speziellen Konferenz-Form, die in den letzten Jahren zunehmend Furore macht.
Camps – um genau zu sein: BarCamps – sind eine neue Variante auf dem Konferenzmarkt. Sie finden nicht, wie der Name vermuten lässt, in einem Zelt statt, sondern in einem professionellen Ambiente, ausgestattet mit allen Annehmlichkeiten der MICE-Branche. So war ich schon im Hotel, an der Universität und einer Weiterbildungsinstitution.
Übersetzt wird der Begriff, der 2005 im amerikanischen Kalifornien erstmals genutzt wurde, mit dem holprigen Wort „Un-Konferenz“. Der Hilfsbegriff versucht auszudrücken, dass sich die Zusammenkunft zwar einerseits an Standard-Konferenzen orientiert, sich aber andererseits demonstrativ gegensätzlich definiert. Der größte Unterschied: Statt dass eine Koryphäe am Rednerpult sein Wissen vor den Fachleuten im Podium ausbreitet, tauschen sich die Experten untereinander aus, gelenkt von einem vom Plenum bestimmten Moderator. Der Nutzen: Indem man eigene Erfahrungen mitteilt, stärkt man sich und andere, bekommt wertvolles Feedback:
Wir haben alle Erfahrungen, von denen die anderen profitieren, daher bin ich sehr fürs Teilen und das miteinander voneinander lernen. Ich gebe gern Dinge preis und teile, wenn es anderen hilft. Warum müssen wir alles zweimal erlernen? Zum Beispiel Graubünden, die haben schon viele Schritte gemacht, die wir in Dld. noch vor uns vor haben.
Das sagt Elisabeth Volkmann, Geschäftsstellenleiterin von Schweinfurt 360 Grad, die ich im April 2013 auf dem DestinationCamp (DC) in Hamburg kennenlernte. Dort trafen sich zum vierten Mal 120 Destinationsmanager aus D, A und der CH, um „miteinander voneinander [zu] Lernen“. Die Struktur des DC ist strikter, als die der reinen BarCamps: die Themen und die Moderatoren wurden vorab von den Initiatoren bestimmt. Diese Vorbereitung trifft den Nerv von Elisabeth Volkmann, die auch weit nach dem DC 2013 noch von der Teilnahme profitiert:
Ganz wichtig: Es ist Struktur im Kopf übrig. So habe ich meine Sichtweise gegenüber den Leistungspartnern, als Erkenntnis aus den Workshops von 2012 + 2013, verändert und denke nun, dass wir es nur zusammen schaffen.
Dabei war ihr Angang zum ersten Besuch 2012 scheinbar alles andere als optimal:
Wir waren 2012 gerade am Ende eines großen Projektes und ich war ausgelaugt. Ist es diese ganze Mühe wert? Zum DC bin ich unglaublich müde angekommen und war dann völlig überrascht von der Energie. Man bekommt mit, dass man kein Einzelkämpfer ist, das gibt Kraft und Mut.
Schon ein Jahre später ist die junge Führungskraft eine „alte Camp-Häsin“:
Mit viel Freude bin ich auch 2013 hingegangen. Habe mich ausführlich mit den Themen beschäftigt, kannte die meisten Moderatoren und hatte extrem viel Vorfreude. Denn ich tue etwas für mich und meine Arbeit und meine Fortbildung. Es bringt definitiv für den Job etwas, aber es bringt auch dem Leben als Touristiker etwas. Die positive Stimmung und Laune beflügelt mich danach im Job.
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe BarCamps: TourismusCamp, HotelCamp, SpaCamp, MICECamp, HospitalityCamp, Tourismuscamp … Hier werden die Termine aufgelistet.
Der Vorteil der Themenorientierung:
Die Verschiedenartigkeit der Gruppe fördert die Diskussion. Gerade die Nachdenklichen und Provokativen bringen zum Nachdenken.
sagt Elisabeth Volkmann, die am DC besonders schätzt, dass dort das „geballte Wissen des Deutschlandtourismus“ zusammenkommt, man Berufskollegen trifft, die man sonst nur schwerlich treffen würde und die hervorhebt, dass man „auf einer touristischen Messe keine Zeit für andere hat“.
Schüchtern darf man auf Camps nicht sein, so viel ist klar. Aber wer ist als Touristiker oder Hotelier schon gehemmt oder bang?
Meine nächste Camp-Erfahrung ist das von der HSMA initiierte HotelCamp in Bendorf am Mittelrhein. Vom 18. bis 20. Oktober treffen sich dort Fach- und Führungskräfte aus dem Bereich Hoteldirektion, Management, Sales, Marketing, Convention/Bankett und Reservierung sowie Agenturen, Dienstleister und Plattformen im Hotelbereich und DMO’s.
Wir sehen uns?
P.S.: So lässig ist die Atmosphäre auf dem HotelCamp in Bendorf sicher auch in 2013.
Text: Dörte Behrmann
Fotos: Pixabay (2), Elisabeth Volkmann (1) und Andreas Weigel (1)
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